Von wegen Stille Nacht
Platten-Label: Hooch Records
Bestellnummer: HRCD3
Alle Texte rund um das Thema Weihnachten (von Obdachlosen in der Vorweihnachtszeit über eine Weihnachtsidylle bei einem Nazibonzen bis zu einem „falschen Weihnachtsmann”) stammen von Kurt Mitterndorfer, die Weihnachtslieder (von „Kling, Glöckchen klingeling” über „Leise rieselt der Schnee” bis zum unvermeidlichen „Stille Nacht”) werden von „Hooch & Fredy” auf zwei Gitarren sehr unkonventionell interpretiert.
Der falsche Weihnachtsmann
Es war viertel nach acht gewesen, als sie angerufen hatte.
"Mutter, bist du es? Stell dir vor, was bei uns passiert ist: Wir haben doch, das hab ich dir eh gestern erzählt, für halb acht einen Weihnachtsmann bestellt bei der Caritas. Und stell dir vor, da kommt doch tatsächlich um fünf vor halb acht ein Anruf aus einem Taxi, und der Taxifahrer sagt zu mir, also ich war am Telefon, der Helmut hat sich noch um die letzten Spritzkerzen am Christbaum gekümmert, daß die richtig hängen, daß nichts zu brennen anfängt, wenn sie zu nahe bei etwas Brennbarem hängen, also da sagt doch der Taxifahrer zu mir, daß er mir einen schönen Gruß vom Weihnachtsmann sagen soll und daß er sich um ein paar Minuten verspäten wird, weil es bei der Familie vorher etwas länger gedauert hat. Ich bedank mich noch bei dem Taxler und sag, er soll dem Weihnachtsmann ausrichten, daß wir uns schon sehr freuen auf ihn. Und dann bin ich noch ins Kinderzimmer gegangen und hab dem Sebastian und der Julia gesagt, daß der Weihnachtsmann sich um ein paar Minuten verspäten wird und ich eh rufe, wenn er gekommen ist. Dann bin ich ins Wohnzimmer gegangen und hab den Helmut grad noch abhalten können, daß er nicht gleich die Kerzen angezündet hat, wie ich reingekommen bin, weil wir das so ausgemacht haben, daß er sie gleich anzündet, die Kerzen und die Spritzkerzen, wenn ich die Wohnzimmertür aufmache.
Ich hab noch geschaut, ob er es eh richtig gemacht hat, der Helmut, mit den Kerzen, und dann hab ich mir die Christkindlglocke mitgenommen und bin ins Vorhaus gegangen und hab beim Fenster hinaus geschaut, daß ich ihn gleich sehe, den Weihnachtsmann, wenn sein Taxi in unsere Hauseinfahrt einbiegt. Keine zwei Minuten bin ich gestanden, da ist das Taxi auch schon gekommen. Ich bin zum Helmut ins Wohnzimmer und hab gesagt, daß er kommt, dann bin ich hinauf ins Kinderzimmer und hab gesagt, daß er jetzt gleich kommen wird und daß sie sich bereit halten sollen und dann bin ich wieder hinunter ins Vorzimmer gegangen. Kaum war ich unten, da hat es auch schon geläutet an der Tür. Ich hab mit der Christkindlglocke geläutet, bin zum Wohnzimmer und hab die Tür aufgemacht, daß der Helmut weiß, daß es so weit ist und er die Kerzen und die Kerzenspritzer anzünden soll und bin dann, die Kinder sind schon auf dem Treppenabsatz gestanden, zur Haustüre und hab ihm freundlich aufgemacht, dem Weihnachtsmann. Und stell dir vor, also was glaubst, ich trau meinen Augen nicht, was glaubst, was ich gesehen hab vor der Tür? Du glaubst es nicht, wenn du es nicht gesehen hast. Du glaubst es nicht. Ich wär auf alle Fälle fast in Ohnmacht gefallen bei dem Anblick. Da steht doch glatt der Weihnachtsmann draußen mit seinem schönen roten Mantel mit den Kunstfellapplikationen, aber das Schlimme kommt erst.
Ich schau ihm ins Gesicht, und was seh ich? Nichts seh ich, nur große weiße Augenkugeln, so groß wie Eiskugeln, und blendend weiße Zähne. Sonst war alles schwarz in dem seinem Gesicht. Ich schreck mich natürlich total und mach noch die Handbewegung, daß er hereinkommen soll, und der geht doch auch wirklich durch das Vorzimmer mit seinem roten Mantel und dem Sack mit den Geschenken über der Schulter und ich erwache plötzlich aus dem Alptraum und spring ihm die drei Schritte nach, die er mir schon voraus war in Richtung Wohnzimmer, und dann krieg ich ihn am Mantel zu fassen und reiß ihn herum und er lacht mich an und ich sag: „Geben Sie die Geschenke her und verschwinden sie, wir haben einen Weihnachtsmann bestellt und keinen Neger”.